Fieberträume im Dschungel - das geheimnisvolle Manuskript 512


Percy Fawcett, Wikipedia, Public Domain


In der Bibliotheca National von Rio de Janeiro wird eine zehnseitige Schrift aufbewahrt, die unter dem Namen "Manuskript 512" bekannt geworden ist. Es ist eine Geschichte, in der alles vorkommt, von dem Abenteurer träumen: eine Expedition in den Dschungel, Klapperschlangen, blutsaugende Fledermäuse, Ruinen einer geheimnisvollen Stadt und eine Silbermine. Doch der Reihe nach. Im Jahr 1743 erforschte eine Gruppe von 6 Portugiesen mit ihren Sklaven und einigen Indianern den Dschungel Brasiliens. Sie waren Einwohner der Provinz Minas Geraes und suchten nach den verschollenen Silberminen des Melchior Diaz Moreya.

Sie waren schon einige Jahre unterwegs, als sie auf eine Bergkette stießen, die ihnen den Weg versperrte. Sie berichteten von Bergkristall, der in der Sonne an den Felswänden blitzte. Einen Weg über die Berge suchend, mussten sie aber bald unverrichteter Dinge zu ihrem Lager am Fuß der Berge zurückkehren. Nur durch Zufall fanden sie einen künstlich angelegten Weg, der über die Berge führte. Als sie diese überwunden hatten, blickten sie auf eine Ebene, in der sich zu ihrer Überraschung die Ruinen einer Stadt befanden. Misstrauisch schickten sie einen bewaffneten Trupp voraus, um die Stadt zu erkunden. Doch die Ruinen waren unbewohnt. Prächtige Bauten ragten vor ihren Augen auf. Säulenhallen, zweistöckige Gebäude, und die Statue eines Mannes, der nach Norden zeigte. In der Nähe der Stadt befand sich ein Palast, und einer der Expeditionsteilnehmer stolperte sogar über eine Goldmünze. Angeblich machte der Baustil der Stadt einen europäisch antiken Eindruck. Eingravierte Schriftzeichen sahen wie griechische oder phönizische Buchstaben aus, doch die Schriftzeichen waren nicht zu lesen. Die Expedition beschloss, besser ausgerüstet zu einem späteren Zeitpunkt wiederzukehren. Auf dem Weg flussabwärts stießen sie dann doch noch auf eine Silbermine, doch der Weg führte zu einem unpassierbaren Wasserfall und schließlich in sumpfiges Gelände. Sie verließen den Fluss und versuchten, auf einem anderen Weg in die Zivilisation zurückzukehren. Schließlich schickten sie einen Indianer mit einem Bericht voraus, eben dem Manuskript 512 – aber es ist nicht bekannt, ob die Expedition jemals wieder in die Zivilisation zurückgekehrt ist.

Anfang des 20. Jahrhunderts fand Percy Harrison Fawcett die Zeilen und beschloss, die verlorene Stadt zu suchen. Er nannte sie die Stadt „Z“, und im Laufe der Zeit wurde sie in seiner Vorstellung immer prächtiger. Fawcett war Landvermesser und hatte viel Erfahrung beim Organisieren und Durchführen von Expeditionen. Doch ihm war das Glück nicht hold. Vermutlich 1925 fand er im Dschungel den Tod. Unzählige Expeditionen folgten. Wer dem Geheimnis auf dem Grund gehen will, muss allerdings nicht mehr die Nationalbibliothek in Rio de Janeiro aufsuchen, eine englische Übersetzung findet sich auch im Internet. Das Originalmanuskript ist, soweit mir bekannt ist, normalen Besuchern nicht mehr zugänglich. Doch wo liegt die verlorene Stadt? Fawcett vermutete sie zwischen dem oberen Xingu und dem Tapajo-Fluss.

Heutzutage hat man allerdings ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung als damals Fawcett. Mithilfe einer Lasertechnik, die in Flugzeugen eingebaut ist, kann man rein theoretisch durch das Blätterdach des Dschungels blicken. Doch das erfordert einigen Aufwand. Es müsste sich erst jemand finden, der eine solche Expedition bezahlt. Bis dahin bleibt die Stadt verschollen. Auch muss in Erwägung gezogen werden, dass das Manuskript eine alte Fälschung ist, die nur die damaligen Legenden über reiche Städte im Amazonasdschungel wiedergibt. Doch der Text wird auch weiterhin die Menschen faszinieren – und nicht wenige werden dem Ruf des Dschungels folgen.

Indirekt sollte Fawcett sogar noch Recht behalten. Frühe spanische und portugiesische Expeditionen am Amazonas berichteten von einem dicht besiedelten Gebiet entlang des Flusses. Die Expeditionen wurden von diesen Indianern wiederholt angegriffen, sogar Frauen sollen unter den Kriegern gewesen sein, deshalb kam der Amazonas auch zu seinem Namen. In jüngerer Zeit stießen Archäologen immer wieder auf die Überreste einer hoch entwickelten Kultur, die allerdings keine Bauwerke in Stein, sondern vor allem Erdwerke hinterlassen hat. Bekannt wurde diese Kultur durch die sog. Terra Preta, ein anthropogenes Bodensubstrat, auf dem Pflanzen besonders gut wachsen. Wie die Indianer dieses Wunder auf dem mageren Amazonasboden vollbracht haben, ist noch weitgehend unbekannt. Wahrscheinlich spielen Holzkohle und Pflanzenabfälle eine Rolle. Durch die zunehmende Abholzung kommen immer mehr Überreste dieser Indianerkultur zum Vorschein. Wahrscheinlich wurde sie durch Krankheiten ausgelöscht, die die Portugiesen und Spanier eingeschleppt hatten. Spätere Expeditionen fanden jedenfalls entlang des Amazonas nur dichten Dschungel vor.

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