Gilgamesch - Die älteste Geschichte der Welt
Viele von meinen Lesern werden sicherlich schon von dem mythischen König Gilgamesch von Uruk gehört haben. Uruk liegt im Süden des heutigen Iraks, und ist eine der ältesten Städte der Welt. Heute sieht man nur noch wenige Spuren, dass liegt z. T. daran, dass in der Region vor allem Lehm als Baumaterial zu Verfügung stand, der durch Flussablagerungen gebildet wurde. Bereits im vierten Jahrtausend v. Chr. war Uruk eine bedeutende Stadt, die im Laufe der Zeit wuchs, und von Gärten und Bewässerungskanälen durchzogen. Schon im 19. Jh. wurde dort gegraben, vor allem von deutschen Archäologen. Kulturell gehört die Stadt zu den sog. Sumerern, der ältesten Hochkultur, die bisher bekannt ist.
Wer war eigentlich Gilgamesch? Entdeckt wurde seine Geschichte zunächst bei Grabungen in Assyrien. Die Assyrer hatten um 700 v. Chr., lange nach den Sumerern, ein Großreich erobert, mit Ninive als Hauptstadt. In einem Königspalast wurde eine große Anzahl an Tontafeln entdeckt, offenbar die Bibliothek eines Herrschers. Darunter befanden sich auch einige Tontafeln mit dem „Gilgamesch Epos“. Seit den Sumerern wurde in der Region die „Keilschrift“ benutzt, ein Schriftsystem, dass sich im Zweistromland verbreitet hatte. Mit Zweistromland ist das Gebiet zwischen Euphrat und Tigris gemeint, sozusagen die Wiege der Kultur. Schon bald als die Menschen dort sesshaft wurden, entwickelte sich eine hierarchische Gesellschaft, unter anderem, um die gerechte Verteilung des Wassers zu garantieren, und auch um Vorräte für Notzeiten anzulegen. Dadurch bildete sich ein Beamtenapparat heraus mit einem König an der Spitze.
Der Halbgott Gilgamesch ist eine halb mythische, halb historische Figur. Man entdeckte seinen Namen auf einer sumerischen Königsliste, er herrschte wahrscheinlich um 2700/2600 v. Chr., also vor fast 5000 Jahren. Die assyrischen Keilschrifttafeln waren aber nicht ganz vollständig, doch das Epos war so verbreitet, dass man die fehlenden Teile bei anderen Ausgrabungsorten bergen konnte. Die Sache wird dadurch etwas kompliziert, da es im Laufe der Zeit einige Abwandlungen gab; erstmals wurde die Geschichte wahrscheinlich vor ungefähr 4000 Jahren niedergeschrieben. Zusammengefasst ist das Epos wohl der erste "Entwicklungsroman" der Geschichte. Gilgamesch wird anfangs als Tyrann dargestellt, der seine Untertanen nicht gerade freundlich behandelte. Um ihn in seine Schranken zu weisen, erschaffen die Götter Enkidu, der in der Wildnis aufwuchs und in Kraft und Stärke Gilgamesch ebenbürdig war. Ein Kampf zwischen den beiden endete unentschieden und sie wurden Freunde. Sie bestehen gemeinsame Abenteuer, aber nachdem Gilgamesch eine Göttin erzürnt hatte, verliert Enkidu sein Leben. Gilgamesch trauert um seinen Gefährten und erkennt, dass auch er sterblich ist. Er begibt sich die Suche nach einer Pflanze, die das ewige Leben bringen soll. Nach vielen weiteren Abenteuern, bei denen er die Pflanze findet und wieder verliert, kehrt er geläutert nach Uruk zurück.
Bei sog Surveys, mit Hilfe von Geomagnetischen Scannern, wurden bereits um 2002 große Teile der Stadt untersucht. Ausgrabungen sind sehr zeitaufwendig, aber mit den geomagnetischen Detektoren konnten weite Teile des Stadtgrundrisses in relativ kurzer Zeit sichtbar gemacht werden, ohne den Spaten anzusetzen. Dem Verantwortlichen für das Survey Fassbinder fiel eine rechteckige Struktur in einem alten Flussbett des Euphrats auf, die im Süden der Stadt lag. Tatsächlich gibt es eine Version des Epos, die die Bestattung des Helden unter einem Arm des Euphrats beschreibt. Die Wissenschaftler mussten allerdings wegen der politischen Großwetterlage die Grabung verlassen, kehrten aber Jahre später zurück. Bisher wurde bei den Grabungen aber offenbar noch nichts entdeckt, was auf den Bestattungsort Gilgameschs hinweist. Man hat zwar bereits sumerische Königsgräber entdeckt, allerdings nicht in Uruk, sondern in Ur. Auch ist umstritten, ob die Struktur tatsächlich mitten in diesem Euphratarm lag, oder nahe seines Ufers, also an Land. Die bisher entdeckten Bestattungen stammen offenbar vor allem aus der Partherzeit, also der letzten Blütezeit Uruks. Erst um das 3. Jh. n. Chr. wurde die Stadt schließlich aufgegeben. Als das phönizische Alphabet und darauf aufbauende Schriftsysteme entwickelt wurden, geriet das Gilgamesch Epos immer mehr in Vergessenheit und wurde erst durch die moderne Archäologie wieder entdeckt.
Quellen:
Jörg W. E. Fassbinder, Beneath the Euphrates Sediments: Magnetic Traces of the Mesopotamian Megacity Uruk-Warka. Internetartikel.
Jörg W. E. Fassbinder, Geophysikalische Prospektionsmethoden – Chancen für das archäologische Erbe. Internetartikel.
Das Gilgamesch Epos. Kommentiert mit Zeittafel und Glossar der Babylonischen Götterwelt (Ebook).
Kommentare
Kommentar veröffentlichen