Was geschah mit dem Tempelschatz von Jerusalem?



Der Tempelschatz von Jerusalem brachte schon viele Gelehrte ins Grübeln. Ist er unwiederbringlich verloren? Doch beginnen wir mit dem Tempel zur Zeit Jesu. König Herodes baute den Juden einen Tempel, es dürfte das dritte Bauwerk auf dem heiligen Tempelberg gewesen sein. Der erste Tempel wurde von den Babyloniern Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr. zerstört, nach dem Fall des Babylonischen Reiches durften aber die Juden wieder in ihre Heimat zurückkehren, aus der sie vertrieben worden waren. Wahrscheinlich musste in dieser Epoche nur eine Oberschicht das Land verlassen, aber sie war die treibende Kraft, ein neues Heiligtum nach ihrer Rückkehr 70 Jahre später zu erbauen. Die neuen Herren, die Perser, waren diesbezüglich etwas toleranter.

Nach den Persern folgten die Seleukiden, danach eine kurze Periode der jüdischen Unabhängigkeit, die von den Römern beendet wurde. Kurz nachdem die Römer die Region unter ihren Einfluss gebracht hatten, ließ König Herodes um die Zeitenwende herum ein neues Bauwerk auf dem Tempelberg errichten. Er wollte sich damit bei den Juden einschmeicheln, die in ihm nur einen Vasallen Roms sahen. Er ließ durch Aufschüttung ein Plateau auf dem Tempelberg errichten, das durch eine Mauer begrenzt und wahrhaftig kolossale Ausmaße hatte. Die berühmte Klagemauer ist ein Teil dieses antiken Bauprojektes. Auf diesem Plateau stand der eigentliche Tempel.

Doch er sollte nicht lange stehen. Nach einem jüdischen Aufstand wurde er 70 n. Chr. von den Römern zerstört. Die Römer plünderten den Tempelschatz und brachten ihn nach Rom. Wahrscheinlich wurde mit ihm der Bau des Kolosseums finanziert. Doch einige Stücke blieben erhalten, man kann sie noch heute auf einem Relief am Titusbogen in Rom bestaunen. Darunter befand sich u. a. die goldene Menora, der siebenarmige Leuchter. Diese Stücke wurden in einem Tempel in Rom ausgestellt. Nicht lange danach wurde wieder am Tempelberg gebaut. Kaiser Hadrian ließ einen römischen Tempel auf dem Gelände errichten. Wie groß diese Umgestaltung des Tempelplateaus war, ist offenbar nicht ganz klar. So ist auch unbekannt, in welcher Tiefe die Überreste des herodianischen Tempels zu suchen sind, sofern es noch Mauerreste gibt. Die Jahrhunderte gingen dahin, und das römische Reich verfiel zusehends, bis es schließlich unter dem Ansturm der Goten, Vandalen, und anderer germanischer Stämme zusammenbrach. Bei der Plünderung Roms im 5. Jahrhundert waren die Vandalen wohl am gründlichsten. Sie raubten auch den Tempelschatz von Jerusalem und brachten ihn in ihr Reich nach Nordafrika. Im 6. Jahrhundert eroberten die Byzantiner, die aus dem Oströmischen Reich hervorgegangen waren, Nordafrika zurück.

Nun wird es spekulativ. Es gibt einen byzantinischen Autor mit Namen Procopius, der erstaunliches schreibt. Demnach warnte ein Jude den oströmischen Kaiser, den aus Nordafrika zurückgebrachten Schatz in seiner Hauptstadt Konstantinopel zu behalten. Schließlich seien alle Städte, in denen sich der Schatz befand, zerstört worden. Daraufhin ließ der Kaiser den Schatz wieder nach Jerusalem bringen, offenbar in eine christliche Kirche. Doch danach wird der Schatz nie wieder in den spätantiken Quellen erwähnt. Kam er tatsächlich in Jerusalem an? Im 7. Jahrhundert wurde Jerusalem von den Persern (614) und kurz danach von den Arabern erobert, spätestens hier verliert sich die Spur des legendären Schatzes. Zu erwähnen wäre noch, dass die Araber offenbar bei ihren Umbauten am Tempelberg weite Teile des Plateaus unangetastet ließen. Aber wie schon gesagt, der Umfang der römischen Bauprojekte nach der Zerstörung des Tempels ist nicht ganz klar, und eine archäologische Untersuchung fand bisher so gut wie nicht statt.

Es wäre natürlich eine archäologische Sensation, wenn man den Schatz ausgerechnet in Jerusalem wiederfinden würde, doch die Chancen stehen schlecht. Wenn der Schatz zur Zeit der persischen und arabischen Eroberung noch da war, könnten ihn die Christen überall im Stadtgebiet versteckt haben. Das Gleiche gilt übrigens für die Bundeslade, die wahrscheinlich zur Zeit der babylonischen Eroberung verschwand. Der Fund einer Schriftrolle aus Kupfer vor etwa 70 Jahren in einer Höhle am Toten Meer brachte noch einmal frischen Wind in die Suche nach dem Schatz. Offenbar hatten die Römer 70 n. Chr. nicht alles mitgenommen, die Juden konnten einiges an verschiedenen Orten im heiligen Land verstecken. Diese Orte waren auf der Kupferrolle verzeichnet. Doch offenbar hatte jemand lange vor den Archäologen diese Orte bereits aufgesucht, es wurde keine einzige Münze des Schatzes gefunden. Auch ist umstritten, ob sich die Kupferrolle tatsächlich auf den Tempelschatz bezieht. So gibt es noch heute einige Rätsel rund um den Schatz, doch ob man ihn eines Tages tatsächlich finden wird, ist, fraglich.

Update: Einen Artikel über die Bundeslade gibt es hier, über biblische Archäologie schreibe ich hier.


Brandfon, Fredric. “Did the Temple Menorah Come Back to Jerusalem?” Biblical Archaeology Review 43, no. 5 (September/October, 2017): 40–49, 70.

Billington, Clyde E. “What Happened to the Golden Temple Menorah?” Artifax 34, no. 1 (Winter, 2019): 18–21.

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